Aufzucht



So ist das also mit der Aufzucht. Erst bekommt die Katze ihre Babies, ist ganz happy, vergisst zu fressen, zu trinken und zu schlafen.
Am liebsten lässt sie sich im Liegen, von ihrem Menschen, füttern und dabei ihre Babies trinken.
Andere wichtige Dinge werden auch möglichst so spät es eben geht verrichtet.

Dann erlernt sie einen ausgewogeneren Umgang mit der Situation, wird gelassen und schlendert stolz, wenn die Babies schlafen, doch immer auf der Hut, mal hierhin und dorthin, um beim kleinsten Mucks in Windeseile in die Wurfkiste zurück zu kehren.
Lange ist es ruhig darin, bis plötzlich von einem Tag auf den Anderen die gesamte Mannschaft anfängt Laufen zu üben.
Der eine besser und schneller als der Andere. Einer schaut etwas länger zu, ob das auch gut gehen kann, lässt aber nicht lange auf sich warten. So entsteht ein munteres Durcheinander, mit Laufen, Umfallen, Aufstehen und Aneinanderstoßen.

Jetzt naht ein grauenhafter Moment für die Mutter.
Die Babies fangen an aus der Kiste zu steigen.
Geduldig, miauend, schnatternd aber, werden sie wieder eingesammelt und in die Kiste zurückgeschafft.
Doch der Wiederstand ist bald gebrochen. Entmutigt, bis verzweifelt etwas erschöpft gibt sie auf und lässt sie spielen gehen.

Die Umwelt steigt derweilen von Schuhen auf Socken um.
Man kann ja nie mehr ganz sicher sein wer, wann, wo, plötzlich da ist, und laut rufend oder buckelnd vor einem steht um entweder zu spielen oder gestreichelt zu werden.
Etwas später pflegen die Lieben dann, wie die Elterntiere auch, einfach vor einem umzufallen um beschmust zu werden, was nahezu Lebensgefahr bedeutet.
Die Mutter selbst hat mittlerweile gelernt, dass auch das Spielen mit ihren Kitten und den anderen Gruppenmitgliedern sehr schön sein kann und so geht das allgemeine Gejage, Gehüpfe und Gebalge erst so richtig los.
Untereinander drohen, fauchen und beißen sich die Kleinen schon ganz mächtig.
Sie beginnen übermütig andere Gruppenmitglieder anzuspringen, ihnen in die Schwänze und Beine zu zwicken und werden dafür hart in die Schule genommen.
Noch ein klitze klein wenig größer geworden entwickeln sie sich zu Möbelprüfern.
Schränke, Klaviere, Kratzbäume, Sofas, alles wird ausprobiert. An Stühlen wird gebaumelt mit Klimmzügen Klettern geübt, Kratzbäume bis in die höchsten Höhen bestiegen.

Nur, wie wieder herunterkommen?

Das ruft wieder eine lockende Mutterkatze auf den Plan.
Wenn es darum geht die Babies zum Säugen zu rufen ist sie meist noch erfolgreich.
In so einem Moment aber, wendet sie sich dann doch manches Mal Hilfe suchend an ihre Menschen.
Überhaupt hat sich ihre Rolle zum lockenden, tröstenden, säubernden aus der Ferne beobachtenden Schutzengel gewandelt.
Hier und da greift sie noch einmal beherzt in die Erziehung ein, ansonsten überlässt sie es jetzt gönnerhaft den anderen Katzen und uns natürlich.

Eine Rolle allerdings ändert sich erst sehr spät.
Die der nährenden Mutter.
Längst schon sind die Kinder selbstständig, fressen alles, sind respektlose Rabauken aber wenn es um die Milch geht, sind sie immer noch gaaanz klein und gaaanz lieb und wollen auch gar nicht groß werden.

Da aber macht ihnen dies Mal die Mutter einen Strich durch die Rechnung.
Irgendwann trennt sie sich von ihrem Nachwuchs. Sang und klanglos, mit ein paar kräftigen Tritten.

So ist das halt mit der Aufzucht.

S. Neumann